Klaus und Maria kennen ein Thermalbad in Archena. Das ist unser Ziel am 2. Weihnachtsfeiertag. Der große Stellplatz neben einem Fußballplatz ist randlich besetzt, nach uns kommen noch mehr Womos. Am ersten Abend durchqueren wir die Innenstadt, essen belegtes Baguette und sind entzückt über die sagenhafte Weihnachtskrippe. Sie nimmt einen ganzen Platz ein. Maria befragt eine Einheimische, die uns erzählt, dass Familien sich am Bau beteiligen können und beim Abbau ihren Beitrag mit nach Hause nehmen. In jeder Krippe ist ein „Caca“ versteckt, d.h. eine Figur, die auf dem Klo oder Nachttopf sitzt . Die Kinder müssen nun den Caca finden. Wir sind erfolglos. Den ganzen Tag gibt es außer einem Bähnchen, mit dem man durch den Ort kutschieren kann, auch ein Karussell und andere Buden mit Kinderspielzeug, Maronen, Süßigkeiten und mehr. Das Kunsthandwerk sieht eher nach chinesischer Produktion aus.
Die Sicht auf die Berge hinter dem Rio Seguro ist super. Schon die Römer hatten hier ein Bad, wie Ausgrabungen dokumentieren. Das Bad ist recht voll aber trotzdem aalen wir uns im warmen Wasser, drinnen und draußen. Selbst mit trockenem Badeanzug ist es aber doch zu kühl, um draußen auf dem Liegestuhl zu liegen. Nach zwei Stunden haben wir genug, sind hungrig und bummeln zurück zu den Autos.
Uns fällt auf, dass kleine Vögel auf dem Wehr sitzen und sich das Futter in den Schnabel driften lassen. Wir übernachten noch einmal, um am nächsten Morgen auch den Badeort Fortuna anzuschauen.
Maria schwärmte von der Mondlandschaft auf dem Weg dahin, aber inzwischen sind auch dort Plantagen angelegt mit entlaubten Bäumen unbekannter Art. Auf dem Stellplatz bei diesem Bad kamen wir mit netten Leuten aus Plön ins Gespräch. Wieder in Murcia, hat sich der Platz bei IKEA stark gefüllt. Fast aus jedem Womo springen Hunde, kacken auf den Grünstreifen, manche haben mehrere und außerdem noch angeleinte Katzen. Etliche Aussteiger mit Rastalocken und Blumenkasten auf dem Fahrradständer, Riesenmobile auf MAN-Basis oder in Busgröße erweitern den Platz in jede Richtung. Entsprechend lang ist die Schlange vor den zwei Entsorgungsstationen. Kein Wunder, dass wir auf der anderen Seite des Platzes beobachten, wie Abwasser und Kassette einfach in den Gulli geleert werden. Das alles macht den Aufenthalt zunehmend ungemütlich.
Schon bei der Einfahrt faszinierte mich ein isoliert stehender Berg mit einer Festung und einer großen Christusfigur wie in Sao Paulo. Der Anblick zieht mich magisch an. Am folgenden Tag fahren wir mit dem Roller also nach Monteagudo zur Burg. Was für eine fantastische Anlage! Mit Womo gäbe es hier Probleme, denn die Gässchen sind sehr eng. Das aus geschnittenen Metallplatten zusammengesetzte Visitor Centre of San Cayetano präsentiert die wenigen Exponate sehr anschaulich: Werkzeuge und eine Hütte aus dem Chalkolithikum, Keramik der Iberer, Importware aus dem östlichen Mittelmeer, Sigillata aus der Römerzeit, Modelle der Siedlungskammer, der Festung und Landgüter der Mauren. Bis heute sind die Bewässerungskanäle und -becken erhalten und vermutlich noch in Verwendung. Worüber ich mich wundere: mit keinem Wort oder Exponat tauchten bisher irgendwo die Vandalen und Westgoten auf. Als hätte es die nie gegeben.
Leider ist die Festung selber wegen Renovierung geschlossen, oben hantieren nur die Arbeiter, selbst der Aufgang ist gesperrt. Die Abbildungen im Museum zeigen leider keinen Grundriss sondern nur gemalte Außenansichten. Es hapert ein wenig an der wissenschaftlichen Dokumentation. Wie waren die Inneneinbauten? Solche Festungen sind sich meist recht ähnlich, rein zweckorientiert, die Ausstattung spartanisch – wie bei den Kreuzfahrerburgen in Syrien. Die zwei konzentrischen maurischen Wälle stammen aus dem 11.-13. Jahrhundert und umschließen eine Fläche von 5000 qm! Obwohl die Almohaden 1167 die Burg einnahmen, war der erste König des Taifa (Verwaltungsbezirk) von Murcia, Ibn Tahir, hier inhaftiert. Alfons X. wohnte in Monteagudo während seines Besuchs von Murcia, als die Christen den Grenzposten bis zum 15. Jh. übernommen hatten.
Ein Stück laufen wir um den Fuß des Berges durch die sehr steilen Sträßchen. Da wir nur ein Drittel sehen, umrunden wir per Motorrad etwas weiträumiger. Ich bin begeistert, als ich direkt auch El Castillejo von weitem auf dem Nachbarhügel sehe.
Auch dafür fehlte offenbar eine Vermessung der Grundrisse im Museum. Der Museumswärter sagt, da sei nichts zu sehen: „Nur Ruinen.“ Öffentlich gibt es keinen Wegweiser, zwar könnte man auf Vereinbarung einen 3 Std.-Spaziergang buchen, über den ein kleines Faltblatt informiert, aber das Wesentliche müsste doch allein möglich sein. Als wir den Hügel umkreisen, sehen wir ein holländisches Womo auf einem unbefestigten Platz stehen. Zwei begeisterte Hunde in Bernhardinergröße springen um uns rum, aber der Besitzer sagt, es gäbe keinen Weg nach oben. Na ja, Kulturbanausen eben. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, für einen Archäologen sowieso. Die Info elektrisiert mich, wozu haben wir die Drohne dabei? Wenigstens einen Blick ins Innere möchte ich doch zu gerne.
Zu Silvester mischen wir uns nochmal unter die Menschenmassen der Innenstadt. Es gelingt uns nicht, mal einen Platz im Lokal zu ergattern, um etwas Typisches zu essen. In der Not kehren wir in einem Imbiss an der Straßenbahnhaltestelle ein und um 22 Uhr sitzen wir wieder in unserem Womo und heben die Sektgläser. Es wird kaum geböllert und nur wenige Raketen gehen bei IKEA hoch. Dafür haben Klaus und Maria Weintrauben dabei. Nach spanischem Brauch muss man bei jedem der zwölf Glockenschläge eine Weintraube essen und einen Wunsch dazu äußern. So schnell kriegt man die gar nicht runter, will man vermeiden, an der letzten zu ersticken. Noch mal gut gegangen.
Am 1. Januar führen die Wege in verschiedene Richtungen. Klaus und Maria fahren zu ihrem früheren Domizil. Wir gucken nochmal auf den Platz bei Monteagudo, um dort die Drohne steigen zu lassen. Während Kurt die Einstellungen vornimmt, stapfe ich zu Fuß eine Rinne entlang des Plantagenzauns und erreiche die Mauer und einen Pfad. Die früheren Bewohner müssen ja auch einen Zugang gehabt haben, entweder zu Pferd oder mit Wagen, aber da ist nichts Vergleichbares.
Lediglich eine marode Treppe führt nach oben. Der Alcázar de Ibn Sad, im Volksmund bekannt als Castillejo de Monteagudo, ist eine palastartige Anlage, die der König Ibn Mardanis im zwölften Jahrhundert errichtete, im Prospekt steht fälschlicherweise 7. Jahrhundert. 1165 eroberten die Almohaden Murcia, plünderten den Palast und die umliegenden Obstgärten., 1172 gaben sie ihm den Rest. Die Ausgrabungen, die Andrés Sobejano 1924 dort durchführte, legten den Boden des Gebäudes und verschiedene architektonische Elemente sowie einen Satz Stuckarbeiten frei. Leider hat sein Entdecker den Grabungsbericht nie veröffentlicht. Vor Ort wirkt die Anlage kleiner als von Weitem. Mit dem in der Mitte befindliche Wasserbecken zerstörte der Privateigentümer zwischen 1956 und 1969 den originalen Hof, ebenso rezent ist der Wasserkanal, der nach außen ins Tal führt. An der Außenmauer lagen kleinere Räume, deren Mauern teilweise mit noch 2 m hohen Mörtel-Stampflehmwänden von guter Qualität mit zunehmender Höhe an Dicke verlieren, stellenweise Reste des Fußbodens.
Ich winke Kurts Drohne zu, die mich hoffentlich als blauen Farbkleks aufnimmt. Heute ist es kühl und sehr diesig, aber es wird wärmer. Unten am Platz steht ein Taubenhäuschen an der Mandarinenplantage und ein Haufen abgeschnittener Zitronenäste noch mit Früchten dran. Was ich erst für eine Papaya hielt, entpuppt sich als Folterpflanze (Araujia sericifera ist eine Pflanzengattung in der Unterfamilie der Seidenpflanzengewächse), angeblich sehr giftig. Das Innere ist voller weißer Fasern, Samen nicht erkennbar.
Auf den Hinweisbrücken über der Autobahn lesen wir: Feliz Año Nuevo. Wir suchen erstmal in Alicante, aber der Stellplatz in der Einflugschneise des Flugplatzes gefällt uns nicht. Der Platz ist leer und der Tag noch so jung, weshalb wir doch weiterziehen. Maria hat verschiedene Plätze empfohlen, z.B. auch bei Benidorm, aber wir sind entsetzt bei dem Anblick von der Schnellstraße aus. Manhattan am Meer. Da kann uns der Strand gestohlen bleiben. Man kann doch nicht nur mit dem Rücken zur Stadt stehen.
Die Bundesstraße verläuft neben der Autobahn und führt auch durch eine interessante Schlucht, wo ein Marmorsteinbruch neben dem anderen liegt. Viele Läden bieten Statuen und Gartenmöbel aus Stein an, aber es besteht keine Gefahr für den Geldbeutel, weil heute alle Läden geschlossen sind.
Um 17 Uhr erreichen wir Area Camper Dunes in Daimús und kriegen den 48., vorletzten Platz, allerdings ohne Strom. Durch die Fahrt ist der Akku aber genügend aufgeladen, so dass wir problemlos per Warteliste auf einen freien Stromplatz warten können. Schon vor dem Frühstück des nächsten Morgens ist es so weit. Wir parken um, schließen das Kabel an und ab geht die Post (Computerarbeit, Aufladen aller Geräte etc.).