Die Strecke nach Sevilla fahren wir am Dienstag, dem 1.11., ohne Umwege auf der Autobahn, auch weil wir nicht noch mehr Zeit als nötig in die Anfahrt investieren wollen. Aber diese Stadt ist einfach nötig, obwohl wir beide schon mal dort waren. Wir wählen den Stellplatz am alten Hafen ohne jeden Komfort, auch wenn er verhältnismäßig teuer ist. Aber von dem kommt man fußläufig in die Innenstadt. Es ist bestimmt der hässlichste Platz weit und breit, heute an Allerheiligen leer, ungeteert, groß, mit Wachmann am Tor. Außer uns stehen höchstens fünf verlassene Wohnmobile da und ein paar vergammelte Wohnwagen, wahrscheinlich von Anwohnern. Am nächsten Morgen ist er mit PKWs gefüllt. Wir rasten den Rest des Tages, weil wir uns vom Vortag noch erholen wollen, waschen eine kleine Wäsche, halten Mittagschlaf und sammeln Kräfte für morgen. Eingedenk unserer Erfahrungen in Granada buchen wir Online Tickets für den Alcazar, in den pro Tag nur eine begrenzte Besucherzahl eingelassen wird. Den kennen wir beide noch nicht. Für die Kirche, in der wir schon waren, müsste man extra löhnen, und nochmal Schlange stehen. Wir lassen es darauf ankommen.
Um acht Uhr früh setzt die Dampframme im Hafen ein, für die ungezählte LKWs Material liefern, die ständig piepsend rückwärtsfahren. Kein Problem, umso früher kommen wir in die Pötte. Kurt traut es sich zu Fuß zu, denn es geht nur geradeaus ohne Steigungen. An unserem Weg liegt der Maria-Luise-Park, das Gelände der Ibero-amerikanischen Ausstellung von 1929, auf dem etliche Pavillons (z.B. Columbien, Guatemala, Argentinien, Peru, Chile, Plaza de América) heute Museen sind oder anderer Verwendung zugeführt wurden.
Ebenso werfen wir einen Blick in die seinerzeit schönste Industriearchitektur, der Tabakfabrik, heute von der Uni genutzt. Palmen mit Weihnachtsbeleuchtung begleiten die Straßenbahngleise – ungewohnt. Vor dem Eingang zum Alcazar steht schon eine Schlange. Wir sind 13:30 Uhr dran, haben also noch eine Stunde Zeit. Es gibt in der Kathedrale keinen extra Zugang nur zur Giralda. Mal sehen, wie unsere Aufnahmekapazität nach dem Palast aussieht. Zuerst trinken wir einen Kaffee und holen uns einen Stadtplan im Touristenoffice.
Pünktlich und flott kommen wir rein in den Palast und sind überwältigt. Das entschädigt wirklich für die Alhambra! Die hat vielleicht als Zugabe noch eine unverbaubare Aussicht auf die Stadt, aber an Pracht und Ausstattung stehen die Gebäudekomplexe sich gleich. Auch Kurt ist hin und weg. Ich könnte auf Knien an den Fliesen vorbeirutschen. Da ist eine Wandverkleidung schöner als die andere.
Fast drei Stunden verbringen wir in den Häusern und Gärten, sitzen mal hier und mal da, wenn die Gruppen mit Guide durch sind, ist es fast beschaulich. Die Kathedrale ist uns weniger wichtig.
Was ich nicht kenne, ist die Altstadt, von der mir Kurt schon jahrelang vorschwärmt. Völlig begreiflich, die Atmosphäre in den Gässchen ist umwerfend, die kleinen Lädchen, Kneipen, Durchblicke in Innenhöfe mit plätschernden Brunnen oder wuchernden Pflanzen, die baumelnden Schinken über Theken und die flanierenden Menschen überall. Gegen Abend bummeln wir an der Stierkampfarena vorbei ans Ufer des Guadalquivir. Dort liegt noch der Torre d’Oro am Ufer, von dem aus zusammen mit seinem Gegenpart am anderen Ufer und einer Kette dazwischen der Flussabzusperren war. An einer Kreuzung flitzt ein Gaukler mit Leiter herzu, sobald die Ampel rot zeigt, steigt vor den stoppenden Autos balancierend hoch und jongliert mit Keulen.
Mit letztem Licht erreichen wir wieder unser Auto (17.000 Schritte) und shoppen noch schnell am Supermarkt auf der Ecke. Man könnte noch länger in der Stadt bleiben, da andere Viertel sicher auch sehenswert sind, auch die Plaza De España, aber nun lockt uns unser Endziel Algarve doch mehr.