Am 26.10. starteten wir bei 19 Grad nach Antequera. Schon 12 Uhr fanden wir den angegebenen Stellplatz, in einem Neubauviertel, direkt an der Straße, nur noch 2 Plätze frei und auch nicht ruhig. Es waren inzwischen 30 Grad. Wir trödelten etwas rum, Kurt putzte den Vogelmist weg, wir bearbeiteten unsere Bilder, wuschen gründlich die Rummikupsteine und gingen früh ins Bett. Ich wusste, dass vor uns einige Anstrengung lag. Seit Juli 2016 zählen die Dolmenstätten von Antequera zum UNESCO-Welterbe. In die Welterbeliste wurden drei Megalith-Monumente aus der Jungsteinzeit (Dolmen von Viera , Dolmen von Menga) und dem Übergang zur Bronzezeit (Tholos von El Romeral) sowie das Massiv El Torcal) im Herzen von Andalusien aufgenommen.
Nachts fing es an zu stürmen, ich befürchtete schon, die Gebirgstour streichen zu müssen. Doch der absolute Wahnsinn erwartete uns.
Blick vom Grab zum Berg
Morgens 10 Uhr standen wir vor dem größten Dolmen de Menga, (Megalithhügelgrab) der einen Durchmesser von 25 m hat, 4 m hoch ist und aus 32 Megalithen aufgebaut, von denen der schwerste rund 180 Tonnen wiegt. Im 19. Jahrhundert fanden Archäologen in der Kammer die Skelette von mehreren hundert Menschen. Das Grab war auf den Berg Peña de los Enamorados ausgerichtet, wo es Felsbilder geben soll. Zuerst kommt man in ein kleines Besucherzentrum, wo man kostenlos Plakate und Ausgrabungsberichte mitnehmen durfte. Schulbusladungen ohne Ende strömten in dieselbe Richtung. Man musste anstehen. Ins erste Grab kamen immer nur 5 Besucher gleichzeitig. Der Dolmen de Viera hat in der gedeckten Kammer einen tiefen Schacht, u.U. war es kein Grab, da keine Beigaben gefunden wurden, sondern eine Kultstätte. In diesen Dolmen durften immer 30 Personen gleichzeitig. Dessen Decke ist von dicken Pfeilern gestützt. Sehr beeindruckend. Wir besuchten auch noch den dritten Tholos de El Romeral, 4 km entfernt, der ein falsches Gewölbe hat (jede Steinreihe kragt ein bisschen weiter vor, bis das letzte Loch ein Steinplatte verschließt) und in die Zeit der Los Millares-Kultur gehört, (also ca. 3000 Jahre alt in die beginnende Kupferzeit) während die anderen beiden 5500 Jahre alt sind. Ins dritte Grab hechteten wir schnell rein, bevor der nächste Bus seine schnatternde Fracht ausspuckte. Der Wärter hier sprach sogar Deutsch.
Antiquera fiel uns wegen seiner Sauberkeit sehr positiv auf. Hier sammeln Straßenkehrer nicht nur im Neubauviertel alles auf, der Stellplatz wurde um die Womos rum gekehrt. Auf den Grünstreifen zwischen den Fahrbahnen ist Kunstrasen ausgerollt, sehr pflegeleicht. Diese Praxis entdeckten wir sogar auf manchen Autobahnabschnitten.
Eins, zwei, drei im Sauseschritt, rast die Zeit, wir rasen mit zurück in geologische Zeitalter im Naturschutz-Felsengebiet El Torcal. Mit viel gutem Riecher fanden wir die Strecke trotz mangelhafter Beschilderung und entdeckten beiläufig einen besseren Stellplatz mit Blick auf die maurische Festung. War fast verlockend, noch eine Nacht länger zu bleiben.
Vor 100 Millionen Jahren war das Gebiet noch gänzlich vom Meer der Tethys bedeckt, von dem lediglich das Mittelmeer übriggeblieben ist. Durch die Ablagerung von Sedimenten bildeten sich Schichten aus Kalkgestein. Die Kollision der afrikanischen und eurasischen Erdplatte bewirkte Anhebung und Faltung dieser Schichten zu Hügeln und Bergen. Hierbei entstanden auch Dehnungsklüfte, die eindringendes Wasser erweitert hat. Hierbei formte die für Karstgebiete typische Kohlensäureverwitterung die heutige wildzerklüftete Felslandschaft mit fantastischen Steingebilden. Hinzu kommt die unterschiedliche Härte der ursprünglich horizontal abgelagerten Gesteine. Je nach Festigkeit einer Schicht wird Material abgetragen, wodurch sich die horizontalen Muster erklären lassen.
Typische Kohlensäureverwitterung
Diese Karstregion liegt mir schon seit der ersten Reiseplanung als Traumziel im Sinn. Wie erwartet fielen wir von einem Ah! und Oh! ins nächste. An jeder Parkbucht gab es einen Fotostopp. Oben allerdings war für Womos kein Parkplatz zu kriegen, die einen zu klein, die anderen von Bussen besetzt. Kurt wartete eine Weile im Auto etwas unschlüssig, ob er überhaupt laufen solle, und beobachtete eine Herde Steinböcke. Vor lauter Staunen vergaß er die Kamera. Ich sprang schon mal ins Gelände. Als ich zurückkam, wurde gerade ein Platz frei. Wir tranken Kaffee und legten uns ein Ründchen aufs Ohr, dann waren die meisten Busse weg. Ziegen mit Glocke ziehen durchs Gelände, Adler kreisen im Aufwind. Es ist schon 16 Uhr, als wir aufbrechen, um die kleine Runde zu laufen. Wir schmunzeln, wenn das Echo Entzückensschreie zurückwirft, Jubel in allen Sprachen oder Lustgrunzen hinter der nächsten Kurve einen mitreißenden Anblick ankündigt. Eine solche Landschaft kann sich kein Kulissenbildner ausdenken. Sogar Herbstfärbung gab es bei dem wenigen Gestrüpp.
Viele Felstürme sind wie aus Fladen zusammengesetzt, Riesenspielzeug, das bald zusammenzubrechen scheint, mit sich windendem Pfad dazwischen. Übernachten darf man in dem Gebiet nicht, deshalb fassten wir als nächstes Ziel Ronda ins Auge. Das lag 110 km weg, kaum zu schaffen vor dem Dunkelwerden. Weder ein Campingplatz noch ein Restaurant mit großem Parkplatz war unterwegs zu sichten.