Marokko – Rundreise und Vergleich (1)

Die bei Phoenix gebuchte 14-tägige Reise, die uns am Ende 2800 Kilometer durch den Maghreb führen sollte, startete vom Bahnhof Siegburg. Klaus und Ingrid trafen mit der S-Bahn pünktlich ein und als erstes überrumpelten uns die Durchsagen: zwanzig Minuten Verspätung wegen Personen auf den Gleisen, dann dreiviertel Stunde Verspätung und dann der komplette Ausfall. Wir bestiegen den nächsten Zug, der regulär kam. Warum dieser pünktlich war, entzog sich unserer Kenntnis. Jedenfalls war er nicht so voll wie befürchtet. 

Schon in der Warteschlange vor dem Eincheckschalter entnahmen wir den Gesprächen anderer Reisender, dass sie zu unserer Reisegruppe gehören könnten. Wie geplant startete die Boing 737 der Royal Air Maroc. Man saß mit ausreichend Beinfreiheit, das Essen war mäßig. In Casablanca warteten die Abholer in weitem Umkreis hinter der Absperrung und als auch die Letzten durch die Kontrolle waren, verfrachtete uns Mohammed in einen kleinen Bus. Younis, der Fahrer, verlud die Koffer und brachte uns zum Hotel Le Zenith. Modern, Aussicht auf Tankstellen, Hundegebell in der Nacht.

Mohammed ist schon in Rente nach 38 Jahren Reiseleitertätigkeit, und führt nur noch im Winter am liebsten Gruppen von höchstens zehn Leuten. Das merkt man, denn er spricht meist leise. Im Souk wartet er mit Erklärungen nicht, bis alle zusammen sind, bevor er auf Besonderheiten aufmerksam macht. In Marrakech und Fes heuert er Bekannte an, die hinter der Gruppe auf Nachzügler achten und sich in etwaige Kaufverhandlungen einmischen. Seine Sorge ist, dass jemand von uns in Schwierigkeiten kommt und er zur Rechenschaft gezogen werden könnte. Wir sind achtzehn Reiseerfahrene.

 

rote Linie=Route 2024

schwarze Linie=Route 1980

Casablanca, das wir auf unserer ersten Marokkoreise 1980 umfahren hatten, überwältigte uns in mehrfacher Hinsicht: der Verkehr ist verheerend und die Stadt fast klinisch sauber – verglichen mit Cairo. Es gibt hier jede Menge Arbeit für fast 5 Millionen Einwohner, sagt Mohammed, aber keine Wohnungen. Wir passieren ein Slum aus Wellblechhütten. In einem Dokumentationsvortrag im TV erfahre ich später, diese Menschen bekommen nur schwer einen Job, wenn ein Arbeitgeber erfährt, wo sie wohnen. Aus diesem Reservoir stammen viele illegalen Immigranten in Spanien u.a. Der Geheimdienst unterdrückt Nachrichten darüber ebenso wie Kritik am König. Wir werden nicht behelligt oder zumindest merken wir nichts davon.

       

Ich schreie auf und rücke automatisch zur Seite, wenn der Bus Motorradfahrer oder Tuktuks schneidet, haarscharf an parkenden Wagen entlangdonnert, im Kreisverkehr Taxis fast den Seitenspiegel rasieren, Esel wegdrängen oder scheinbar ungeregelte Schlangen hupend aus Seitenstraßen fluten. Es ist mir ein Rätsel, wie gelassen Fahrradfahrer bleiben.

Wir kommen ohne Beule durch und halten an der großen Hassan-II.-Moschee, die erst 1986-1993 gebaut wurde, indem man eine Bucht zuschüttete und zig Pfosten in den Sand rammte. Sie ist eines der ganz wenigen Gotteshäuser, die Nichtmuslime auf Plastiktüten betreten dürfen, bei den meisten Moscheen schauen wir nur durch die Tür. An den Seitengebäuden (Bibliothek, Hammam etc.) sind noch immer Handwerker beschäftigt. Verarbeitet wurde Granit aus Tafraoute, Marmor aus der Umgebung von Agadir, Zedernholz aus dem Mittleren Atlas; die großen Kronleuchter sind aus Muranoglas in Venedig gefertigt. Die Baukosten werden zwischen 400 und 700 Millionen US-Dollar geschätzt. Ein kleines Museum beherbergt die nicht angenommenen Entwürfe für Fliesen und Ornamente.

  



   

 

4 thoughts on “Marokko – Rundreise und Vergleich (1)

  1. Hallo liebe Aida, lieber Kurt, Ein Wahnsinn, was ihr beide alles erlebt habt. Es ist einfach überwältigend und vor allem, was ihr für ein Mut hattet, das durchzuziehen. Ich kenne das gar nicht. Liebe Grüße Thomas bin gespannt aufs nächste.😃🤪💪

    1. Kurt war leider nicht dabei. Er hätte nicht durchgehalten.Ich wollte auch zurücktreten, aber unsere Freunde, die nur wegen mir auch gebucht hatten, hätten bei ihrer Versicherung den vollen Preis verloren, weil Kurt nicht verwandt ist. Hätten die die gleiche Rücktrittversicherung gehabt wie wir, dann hätten wir als Gruppe ohne Verlust zurücktreten können. Kurt meinte, da soll ich halt mitfahren. Toll war die Regelung nicht. Aber Eindrücke unvergesslich. Mut braucht man nicht. Bei einer Gruppenreise musst du selber nichts organisieren.

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