16. Almayate 2024

Nachdem Carsten am Strand entlang bis zu uns gelaufen war, beschloss ich, ihn bis zum Steinbruch bei Almayate zurückzubegleiten. Der Aufstieg hatte mich schon vor einem Jahr gereizt, ich hatte ihn nur nicht weiterverfolgt, da ich nicht riskieren wollte, mir nach dem Hundebiss auch noch möglicherweise den Fuß zu verknacksen. Wie gut der heutige Entschluss war, sollte sich herausstellen, als Carsten schon abgereist war.

   

   

Es war eine rechte Kletterei. Etliche Modellautofahrer vergnügten sich hier, aber kein Weg erleichterte den Aufstieg. Ohne Carsten wäre ich wahrscheinlich umgedreht, weil kein Ende abzusehen war. Dort, wo ich dachte, dass ein Weg reingehen müsste, war nur Felshang. Der altertümliche Zugang liegt offensichtlich hinter einem der verschlossenen Tore, die wir letztes Jahr vergeblich abgefahren waren. Wir kamen deshalb oberhalb der Abbaukante an. Die Abbauspuren, die wir im Boden sahen, machten den Eindruck, als sei der Betrieb im 18. Jahrhundert sehr plötzlich eingestellt worden. Im Boden sah man die Rillen, die weitere Blöcke vorbereiteten, ein Abstieg war nirgends zu finden.

   

Der Almayate-Steinbruch war eng mit dem Bau der Kathedrale in Malaga verbunden und zwar mit der Bauphase im 17. Jahrhundert. Die Kirche wurde mit mehreren Baustopps zwischen 1528 und 1782 auf den Fundamenten einer Moschee errichtet. Zeitweise arbeiteten in Almayate 98 Steinmetzen, teils von außerhalb, weil vor Ort nicht genügend Fachleute zur Verfügung standen. Gegen Ende waren es nur noch 12 Mann. Im November 1727 begann die Prospektion, 1745 schien der Steinbruch erschöpft, die Qualität verschlechterte sich, aber 1753 wurde eine neue Ader entdeckt.

Zu Himmelfahrt 1735 wurde der Steinbruch von einer maurischen Fregatte angegriffen und überwältigt, weil nur vier Arbeiter die Grube bewachten, während die anderen frei hatten. Die Piraten  erbeuteten alle Waffen, obwohl im nahen Schloss des Marquis eine Truppe hätte greifbar sein müssen.  In den besten Zeiten musste die Grube 400 Kubikfuß Steine pro Woche bzw. 25.000 im Jahr 1755 liefern bis zur Verladung per Schiff. In den Verträgen wurde genau festgelegt, wofür die Steine verwendet wurden: Bögen und Friese. Die Domkirche war Eigentümerin des Hügels bis 1840. Dann wurde das Gelände Cortijo de las Canteras an mehrere Privatleute versteigert.

Der Rückweg war etwas einfacher im Tälchen unterhalb von ca. 20 Bienenkästen, dann wurde es auch dort zu stachlig an Sträuchern. Meine Erkältung machte meinem Kreislauf erheblich zu schaffen.

Als ich ein paar Tage später auf der Suche nach dem Weg zum Peñón de Almayate vorbeikam, verschloss ein neues Stück Baustahlmatte auch diesen Weg. In Google Maps sieht man einen Weg zum Stier, durch den Zaun war auch ein bequemer zu sehen, aber alles ist eingezäunter Privatbesitz. Damit die arme Seele endlich Ruhe gibt, zogen wir das letzte Register: einen Drohnenflug! Wofür haben wir das Ding schließlich dabei? Jetzt hatten wir ideale Sicht auf den kommoden Weg, den Stier rundum und die Passage um den Steinbruch. Eine junge Spanierin, die uns ansprach, erklärte, sie habe noch vor Monaten den Sonnenuntergang von da oben bewundert und verstehe nicht, dass die Attraktion unzugänglich gemacht wurde. Der Drohnenflug ist auch auf youtube zu sehen.

   

Wegen der leichten Erkältung war nur eine kleine Fahrradtour in die Hügel hinter dem Platz drin. Was ich letztes Jahr für Mangoplantagen gehalten hatte, entpuppte sich als Avocado. Die Früchte hingen wie Christbaumkugeln im Geäst.

Ein weiterer gemeinsamer Ausflug führte uns bei strahlender Sonne nach Frigiliana. Am Straßenrand hatte jemand aus unerfindlichen Gründen das Modell einer Burg aufgebaut. Ein Felsen wird offensichtlich als Heiligenstation von Vorbeifahrenden mit Steinchen, Gipsherzen, beschrifteten Geröllen vergrößert.

 

Über ganz abenteuerliche Verkabelung amüsierten wir uns im Ort, der zu den weißen Dörfern gehört, immer wieder. Angeblich wird von der Gemeinde festgelegt, wie oft neu geweißt werden muss, andere Farben werden nicht genehmigt. Zwar waren die meisten Lokale und Läden geschlossen (typisch für die Nebensaison) aber der glasklare Ausblick sowohl zur Küste wie ins Gebirge entschädigte für manches. Comares hat noch einen Pfiff mehr durch die exponierte Lage, weil die Wege noch enger sind und die maurischen Reste betont hervorstechen. Die fehlten in Frigiliana. Am 4. Januar, den wir eigentlich für einen zweiten Besuch in Malaga eingeplant hatten, gab es nach etwas Getropfe tagsüber bei kühleren Temperaturen ein Gewitter abends. Dazwischen zirpten die Grillen hinter dem Platz.

   

An manchen Tagen schaute Carsten zum Kaffee rein und vergnügte sich bei Spaziergängen durch Torre del Mar, testete Lokale und probierte Cafés, kam auch mit allen möglichen Leuten ins Gespräch. Meist trudelte er mit einem guten Tipp bei uns ein. Zum Cabalgata de Reyes (Dreikönigsumzug) parkten wir unser Motorrad in der Hauptstraße und liefen zur Uferpromenade, und reihten uns unter die Zuschauer. Als der Zug vorbeikam, konnten wir uns aufs Mäuerchen stellen und hatten beste Sicht. Die Wagen waren weniger originell als in Gandía vergangenes Jahr, dafür wurden weit mehr Kamellen geworfen und von den Kindern eingesammelt.

  

     

  

Inzwischen hatte Carsten beschlossen, am 9. Januar die Heimfahrt anzutreten, während wir noch einen Monat verlängerten, da es in Cordoba, das wir sehen wollten, doch empfindlich kühler ist. In Granada soll es geschneit haben. Ab 18.1. werden am Campingplatz die Preise erhöht, was uns nicht mehr betrifft. Der Samstag war ein Feiertag, aber ein gemeinsamer Cafébesuch in Torre del Mar rundete Carstens Aufenthalt ab. Auch unsere englischen Nachbarn wanderten weiter Richtung Heimat.

Einmal wanderte ich am Strand entlang die 4 km bis Torre del Mar und inspizierte die verschiedenen Stellplätze. Man kann an einer Stelle mit dem Womo direkt am Strand stehen (1 Deutscher, 1 Däne und 1 Este standen da), hat aber keinerlei Service und wir würden das Auto nicht alleine lassen können. Nette Strandhäuschen wechseln sich ab und ein Palmenwald war stark angekohlt, hat wohl mal gebrannt. Kurt kam mit dem Motorroller zum Mercadona mit meiner Jacke nach und zusammen fuhren wir zurück, als die ersten Regentropfen fielen.

Bei einem Spaziergang entdeckten Kurt und ich am Strand durchsichtige Objekte. Unsere Assoziation waren: Präservative? Manifestierte sich hier die Leidenschaft der Spanier? Oder stammten die von Touristen? Diese Bilder im Kopf! Im Internet klärte es sich auf. Das sind Manteltiere, die besonders CO2 binden und alle paar Jahre in Massen angespült werden.

Nach Almayate radelte ich zum Friseur. Ich lief die ganze Hauptstraße hoch, fand aber nicht den, der im Netz angegeben war. Also fragte ich im Kiosk neben der Kirche. Da die junge Frau kein Englisch sprach, winkte sie mir, ich solle ihr folgen. Allein hätte ich den nie gefunden, denn außen am Haus fehlte jeglicher Hinweis auf eine Peluquería. Direkt auf der anderen Seite der Kirche rief sie einen Namen und die etwa 60-jährige Friseurin kam raus. Mit Händen und Füßen machten wir ein Date für 12 Uhr. Die halbe Stunde bis dahin verbrachte ich auf der Bank in der Sonne. Ihr Geschäft war vielleicht 6 qm groß: ein Waschbecken, ein Föhn, eine Trockenhaube. Die Dauerwelle vor mir kostete 8 Euro. Ich zeigte ihr ein Foto, wie ich den Schnitt haben wollte, zahlte für Waschen, Schneiden, Föhnen 10 Euro (zuhause zahle ich 36 Euro, in Torre del Mar hatte ich 2022 inklusive Bart Schneiden von Kurt bei einer Deutschen 92 Euro bezahlt) und war höchst zufrieden vom Ergebnis.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert