14. Gibraltar

Im Gebirge hinter Tarifa fing schon wieder der Regen an. Vom Gibraltarfelsen sah man rein gar nichts. Es war allerdings problemlos in La Linea de la Conceptión den Stellplatz am Jachthafen wieder zu finden, und das, ohne den Anhänger abkoppeln zu müssen. Nach der Entsorgung ruhten wir aus und harrten der Dinge, denn der Regenradar hatte für den nächsten Tag gutes Wetter prophezeit. Das traf auch ein, zwar noch kühl, aber das machte nichts, denn am wichtigsten war mal Wäsche zu waschen. Leider funktionierte der Trockner nicht, so dass wir die Wäsche im Hänger und in der Garage kreuz und quer aufhängten.

Am frühen Nachmittag, als das Thermometer 18 Grad anzeigte, machten wir uns mit Fahrrädern auf nach Gibraltar. Wir durchquerten die ganze Halbinsel, durch Werft und Trockendock, bis zum Europa Point. Die Sicht war glänzend. Dort stehen außer etlichen Häusern, einem Sportplatz eine neue Moschee und mehrere Kanonen. Das Café kam wie gerufen.

 

Rückwärts wählten wir eine andere Strecke, da das letzte Stück der Herfahrt durch einen recht dunklen Tunnel geführt hatte (zum Glück mit gesicherter Fahrradspur) aber Einbahnstraße war.  Die andere Route war eng und steil. Ein Bus streifte Kurt sogar am Arm. Trotz Antrieb mussten wir ein Stückchen das Rad schieben. Oben war eine riesige Residenz für Demente, dann ging die Schussfahrt bis zur Fußgängerzone.

   

In der Fußgängerzone ließ ich eine neue Batterie in meine Uhr einbauen. In der Wartezeit kamen wir an einem Porzellangeschäft vorbei und was fiel mir ins Auge? Eine Tasse mit dem Porträt von King Charles.Die würde doch meine royale Sammlung komplettieren. Im Laden zeigte man uns mehrere Varianten und wies eine als Sonderangebot aus. „Warum ist die ein Sonderangebot“, fragte ich. „Das hat doch nicht etwa etwas mit der Länge der prognostizierten Regierungsdauer zu tun?“ Der Verkäufer zuckte die Schulter und meinte trocken: „God knows.“ Wir entdeckten keinen aktuellen Briefkasten mit seinem Monogramm, noch nicht mal vor dem Gouverneurspalast. Sehr bedenklich… (Zwei Wochen später erfuhr die Welt, dass Charles Prostatkrebs hat.)

Im Angry Friar aßen wir wie 2022 Fish & Chips. Die Kneipe war überbordend weihnachtlich dekoriert, mehr Kitsch ging nicht. Der Kellner stellte zwischen uns eine große Portion, wunderlich, dass er überhaupt zwei Bestecke brachte. Erst auf Anforderung holte er einen zweiten Teller. Im Dunkeln überquerten wir die Grenze und kauften noch groß ein.

   

Am nächsten Tag radelten wir in Richtung Moorish Castle. Auf dem Weg dahin sah Kurt eine Werbung für einen Friseur und ließ sich die Haare schneiden. Das Geschäft war neben einem Hundesalon. Als ich die zwei Hündchen fotografierte, die ihren Hintern zum Striegeln drängten, erzählte mir die Besitzerin, wie sie an die beiden gekommen war. Den einen habe sie von der Straße aufgelesen und der sei eigentlich sehr ängstlich. Jetzt legte er sich genüsslich in den Föhnwind.

Ein jüdischer Junge mit Kippa kam aus der Schule, ein alter Moslem in Pluderhose, Kaftan und Jöppchen schlüpfte ins nächste Haus, ins übernächste schleppte eine gediegen gekleidete Dame ihre Geschenktüten. Die Gassen sind z.T. sehr steil, Treppen winden sich zwischen Fels und Haus oder durch Häuser mit Sozialwohnungen, in denen Leute lautstark debattieren, an Küchenfenstern, Kinderwagen und Wäscheständern vorbei. Wäscheleinen baumeln drüber. Als ich sah, dass es mit Fahrrad nicht weiterging, wollte ich abbrechen, aber Kurt bestand auf Fortsetzung zu Fuß. Eine Treppe folgte der nächsten. Auf einmal meldete sich bei ihm Unterzucker und wir hatten weder Getränk noch Müsliriegel dabei.

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Am Ticketschalter fragte ich, ob es im Gelände einen Kiosk gebe: „Nein.“ Das war zu riskant. „Wir schließen in zwei Stunden“, setzte der Verkäufer hinzu. „In der Zeit können Sie nicht alles schaffen.“ Zu allem Überfluss funktionierte meine Scheckkarte nicht. Also drehten wir frustriert unverrichteter Dinge um. Die Sonne brannte bei 22 Grad. Unten am Casemates Square rasteten wir in einem Café. Auf dem Platz führte eine schlanke Turnerin Jonglage mit Reifen vor und sang Karaoke zum Ghettobluster, während Kinder in Schuluniform sie bewunderten. Der Diesel kostete übrigens nur 1,17 Pfund/l.

Wir verließen den Stellplatz am nächsten Morgen 11 Uhr und erreichten um 15 Uhr Almayate, wo wir auf dem Stellplatz des vergangenen Jahres umgehend den letzten freien Platz für 250 Euro/Monat bekamen.

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