Die Strecke von Porto nach Süden war auf Nebenstraßen gut zu fahren und Nachmittag parkten wir im Dorf Angeja, hielten Mittagschlaf und ruhten uns aus.
Ganz in der Nähe der Werkstatt, wo uns sehr gut und kreativ geholfen wurde, nisteten etliche Storchenpaar, die, gerade aus der Sommerfrische zurückgekehrt, fleißig und klappernd ihre Nester reparierten. Gegen Mittag war unser Problem gelöst und provisorisch können wir unsere Tür wieder benutzen. Das defekte Teil ist auch bei Bürstner in Deutschland nicht vorrätig und die Post würde ohnehin einen Monat dauern. Dass wir wenigstens traditionell mit dem Schlüssel aufschließen können, erleichtert uns schon sehr.
Unser nächstes Ziel ist Nazaré. Da sah ich auf der Karte den Ort Fatima, der an katholische Zeiten gemahnte. Da wir Santiago de Compostella umgangen hatten, weil das Wetter einfach zu mies war, entschieden wir, doch dieses religiöse Zentrum dazwischenzuschieben. Das war ein guter Entschluss.
Um 16 Uhr parkten wir auf dem kostenlosen Stellplatz direkt an der Basilika von Fatima und brachen gleich dahin auf. Außer uns standen noch etwa acht Womos da, die Menge an Pilgern war überschaubar und so betrachteten wir die Wallfahrtskirche, den riesigen Platz davor und hocken eine halbe Stunde open air in einer Marienandacht der Erscheinungskapelle. Über den Platz, der mehrfach so groß ist wie derjenige vor dem Petersdom, rutschte ein Schwarzer auf Knien in Richtung Kathedrale, Kurt stiftete eine Kerze in der Hoffnung auf Gesundung, aber er ist trotzdem noch auf Stöcke angewiesen. Als wir dort anstanden, fielen mir Wachsobjekte auf: Körperteile, ein Darm, Gliedmaßen, Kinderfiguren, Heidenei – da hat Maria was zu tun, kein Wunder, dass die Wirkung sich verzögert. Schnell dämmerte es. Wir schliefen gut. Übrigens gibt es in keiner Kirche Weihwasser. Ob das noch Folge von Corona ist?
Im Führer hatte ich die Beschreibung von Fatima nachgelesen und stieß auf einen Hinweis, dass es ganz in der Nähe Dinosaurierfußspuren zu bestaunen gäbe. Ein Magnet ist nichts dagegen! Dienstags ist geöffnet und wir waren die einzigen Besucher. Naturpark Serras de Aire e Candeeiros. Bevor dieser Ort ein Naturdenkmal wurde, war er ein Steinbruch. Eines Tages im Juli 1994 entdeckte ein lokaler Höhlenforscher eine Reihe von Fußabdrücken, woraufhin ein Vertrag mit dem Besitzer Rui Galinha geschlossen wurde. Die Stätte wurde von Wissenschaftlern untersucht und 1997 in ein Naturdenkmal umgewandelt.
Die Tiere liefen im Jura durch eine Lagune; man kann deutlich die Sandwellen in den Felsen sehen. Die Fußabdrücke sind etwa 175 Millionen Jahre alt und wurden von Sauropoden hinterlassen, d.h. großen, kräftigen Vierbeinern mit kleinen Köpfen und langen Schwänzen und Hälsen. Sie waren Pflanzenfresser und ernährten sich von riesigen Mengen tropischer Vegetation. Damals war Europa noch mit dem nordamerikanischen Kontinent verbunden und zwischen Iberien und Neufundland schwappte ein flaches Meer mit warmem und klarem Wasser, das die Bildung von Korallenriffen begünstigte. Das Gebiet selbst war eine Küstenebene voller periodisch überschwemmter Gebiete. Durch geologische Wechselwirkungen entstand Millionen von Jahren später das heutige Gebirge Serra de Aire, zu dem die Platte leicht geneigt in etwa 300 m Höhe liegt. Die längste Fußspur ist 147 Meter lang, eine der längsten auf der Welt.
Zwei Kilometer stapften wir rund um einen alten Steinbruch, von dessen Rändern man sehr gut das Areal mit mehreren Fährten überblicken konnte. Kurt hatte Mühe an den kurzen Steigungen, querdurch verläuft ein Holzpfad über den schrägen Felshang, damit man die Spur aus der Nähe sieht. Durchmesser des Hinterfußes 60cm, Vorderfuß ca. 40cm. Es handelte sich nicht um ein Rudel, sondern um Einzelgänger. Die Schrittlänge war nicht so riesig und ein Tier schien noch jung gewesen zu sein. Leider gab es noch nicht mal einen Flyer, der Film hatte mehr den Nationalpark im Fokus. Ein Kaffee im Auto stärkte uns, dann brachen wir nach Nazaré auf, das wir am Spätnachmittag bei 19°C erreichten.
Eigentlich lockten uns die angeblich 30 m hohen Wellen hierher, aber davon ist bei dem fast windstillen Wetter nichts zu merken. Kein Surfer ist zu sichten. Wir fanden einen inoffiziellen Stellplatz bei fünf anderen Womos direkt am Ortsrand, 20 m vom Strand. Der Blick über die Bucht hatte was, die Blinker der Angler schwebten wie Glühwürmchen über dem Wasser und Scharen von Möwen umschwärmten heimkehrende Fischerboote, weil ihnen die Fischer wahrscheinlich Innereien zuwarfen. Wir aßen in einem Strandlokale Kebab bzw. Hamburger, sehr zum Amüsement der portugiesischen Gäste, die als Übersetzer zwischen der Bedienung und mir abfragten, was ich alles in meinen Döner Kebab haben wollte. Er hatte am Ende wenig Ähnlichkeit mit deutsch/türkischen Döner, schmeckte aber besser. Blöderweise entdeckten wir Steinschlag auf der Frontscheibe, der einen Riss gebildet hatte. Ständig was Neues, es ist zum Scheiße schreien.
Mittwochvormittag begann mit bedecktem Himmel. Gegen Mittag holten wir die Fahrräder heraus und radelten bis zur Steilküste. Auf der Suche nach einem Handyladen durchquerten wir etliche Gassen. Im Sommer ist hier sicher die Hölle los, jetzt langweilten sich die Souvenirverkäufer, der Strand war leer. Zum Mittagschläfchen verzogen wir uns in unser Heim, um dann am Abend einen kleinen Einkauf zu tätigen. Den zweiten Gang bis ans Ende der Mole absolvierte Kurt erstmals ohne Stöcke.