9. Elephantine

Unser Interesse am nubischen Leben war noch nicht gesättigt. Ich konnte mich zwar nicht mehr an die Ausgrabung 1973 erinnern und hätte mir die auch nochmal angesehen, aber das Dorf Elephantine daneben war mindestens genauso interessant und die Informationen authentischer als in dem Dorf, das wir 2019 besuchten. Viele Nubier wurden wegen des Stausees zwangsumgesiedelt. Auf Elephantine existierten aber schon zu Napoleons Zeiten zwei Dörfer (siehe links). Das jetzige Dorf unterhalb des Qubbet el Hawa gab es dagegen noch nicht. Die Nubier versuchen ihre farbenfrohe Kultur, in der auch Krokodile eine Rolle spielen, gewinnbringend zu vermarkten und dafür am Leben zu erhalten. Im Nassersee sollen noch 40.000 Krokodile leben. Gesehen haben wir keines und den Staudamm überwinden sie nicht.

Hätten wir die Fahrt durch den Katarakt ins nubische Dorf über Phoenix gebucht, hätte uns das ohne Führer (es war keiner verfügbar) 28 Euro pro Person gekostet. Mitreisende, die diese Tour machten, wurden kaum rumgeführt, sondern in einem Café abgeladen. Wir heuerten lieber auf eigene Faust ein Boot an und zahlten dem netten Kapitän 50 Euro zu fünft. Dafür führte er uns bereitwillig drei Stunden lang durch sein Dorf und erzählte viel zum Leben, ohne uns zu irgendwas zu drängen. Wir waren sehr zufrieden mit unserem Deal.

 

   

   

Esel werden nur zum Transport von Baumaterial gebraucht, aber Ziegen liefen frei rum und Hühner saßen in Käfigen. Kamele dienen eigentlich nur der Touristengaudi. Man baut so viel Gemüse wie möglich für den eigenen Verbrauch an, denn der Einkauf am Markt ist teuer. Ein Beamter verdient 1200-3000 Pfund im Monat. Ein Huhn kostet 100 Pfund. Unser Espresso kostete 10 Pfund. Die Münze Piaster ist kaum noch in Gebrauch.

                            Ein Dorfplatz, über den man gerne geht?

Im Local Coffeeshop, der Tee, Körbe, Gewürze und aus Leder genähte kleine Kamele verkaufte, tranken wir Espresso und machten uns Gedanken über die unterschiedliche Wahrnehmung von Sauberkeit. Müll ist Einstellungssache. Was wir als wilde Kippe bezeichnet hätten, war der schattige Rastplatz aus Schilf eines Gärtners, der hier buchstäblich auf einer Müllhalde ruht. Marodes in der Nachbarschaft wird nirgends abgerissen, vielleicht weil man von aufgegebenen Lehmbauten weiß, dass sie von selber in sich zusammensinken. Und wenn es nach Jahrhunderten noch nicht geklappt hat, dann lockt es Touristen an… Zwischen den Kleefeldern ritt grüßend ein freundlicher Farmer auf seinem Esel.

   

Auf Ingrids Wunsch besuchten wir auch die zweistöckige Schule, auf deren Hof die Klassen mit ihren Lehrern strammstanden, einer ausgerüstet mit Stöckchen (!), während Mitschüler Koranverse über Mikro vortrugen. Morgens beginnt der Unterricht mit einem Appell und Verlesung von politischen Nachrichten, dann gehen die Schüler in Zweierreihen zu Trommel- und Ziehharmonikamusik in die Klassen. Bis 14 Jahre ist Schulpflicht. Auf 100 Einwohner in Elephantine kommen ca. 300 Kinder. Sie sitzen zu dritt in einer Bank. Das Lehrmaterial wird selbst hergestellt, dann kann man hervorheben, was dem Weltbild entspricht (unten siehe Europa). Wir hinterließen einen Stapel Schreibblöcke.

 

Aber Nofretete war natürlich auch vertreten. Die Computerausstattung sahen wir nicht.

Der nette Bootsbesitzer hätte uns auch noch durch die Katarakte geschippert, aber das Mittagessen rief und danach ein Mittagsschlaf. Carsten, Ingrid und Klaus besuchten am Nachmittag die große koptische Kirche und ein im nubischen Stil eingerichtetes Hotel in der Stadt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert